Renate Hauschild-Thiessen hat einen Schatz gehoben: Die im Hamburger Staatsarchiv auf-
bewahrten Erinnerungen Georg Krages. 1846 zur Welt gekommen, wuchs Krage im damals
noch ländlichen Fuhlsbüttel auf. Er wurde Lehrer, war langjähriger Rektor der Schule Bürger-
weide und ging erst mit 71 Jahren 1917 in den Ruhestand. Danach schrieb er seine Erinne-
rungen an seine Kindheit auf. Der große Reiz dieser Rückschau liegt nicht zuletzt in den um-
wälzenden Veränderungen begründet, die die Schauplätze dieser Kindheit – Fuhlsbüttel, das
Alstertal, Eppendorf – bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts erlebt haben. Fuhlsbüttel war um
1850 ein Dorf mit kaum 450 Einwohnern, die »Reise« etwa nach Hummelsbüttel war mit einem
Grenzübertritt nach Dänemark verbunden. Am Ende des Ersten Weltkriegs waren dies alles
Teile der Metropole Hamburg. Krage beschreibt genau und anschaulich, was die Spiele seiner
Kinderzeit waren, wie das Lernen in der Schule vor sich ging, wie die elterliche Wohnung auf-
geteilt und eingerichtet war, wer seine Spielkameraden waren und vieles mehr. Er vermittelt so
einen Eindruck von vergangenen Lebensverhältnissen, der so detailliert und alltagsnah aus
anderen Quellen selten zu gewinnen ist.