1988 hielt Michail Gorbatschow seine berühmte Rede vor dem ZK der KPdSU. Ihr Tenor: Wir
brauchen die Demokratie wie die Luft zum Atmen. Der anschließende Reformprozess brachte
der sowjetischen Gesellschaft dramatische Veränderungen. Das zehnjährige Bestehen der Re-
formpolitik
war Anlass, die aktuelle Situation in Rußland zu analysieren und eine Zwischenbilanz
zu ziehen: Wie weit ist die Umstrukturierung der Gesellschaft in den Bereichen Kultur, Politik
und Wirtschaft vorangeschritten, welche Probleme haben sich ergeben und sind weiterhin be-
deutsam. Kann die westliche Moderne weiterhin als europäisches Entwicklungsmuster richtungs-
weisend sein, setzt sich die rück-
wärtsorientierte Russische Idee einer dem Westen überlegenen
Zivilisation durch, oder gibt es Ansätze für einen dritten Weg?
Der vorliegende Band versammelt
höchst aktuelle Beiträge eines internationalen Kongresses, den das Ost-West-Wissenschaftszen-
trum der Universität Gesamthochschule
Kassel gemeinsam mit der Friedrich-Ebert-Stiftung unter
Beteiligung namenhafter auch russischer Spezialisten veranstaltet hat. Sie alle beschäftigen sich
mit der Kernfrage, auf welcher Grundlage und
mit welchen Akteuren Russland nach Verlust
seiner sowjetischen Identität ein neues staatliches und gesellschaftliches Selbstbildnis finden
kann und will.